Defizitäre Organisationsstrukturen
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„Die medizinischen Leistungserbringer befinden sich seit einigen Jahren in einem Verdrängungswettbewerb, den die Politik bewusst herbeigeführt hat, jedoch ohne für klare Regeln zu sorgen. Dadurch sind ökonomische Fehlanreize entstanden in Richtung nichtindizierter Behandlungsausweitungen und Missachtung kostenintensiver Sicherheitsstandards. Justiz und ärztliche Sachverständige müssen daher als Bundesgenossen klare Mindeststandards definieren und diese gegenüber allen Entscheidungsträgern in Kliniken und Praxen durchsetzen. In Schadensfällen bietet sich ein Abgleich mit 11 medizinischen Verdachtsfallgruppen an, in denen sich strafrechtliche Ermittlungen nicht nur gegen die unmittelbaren Behandler, sondern auch gegen Organisationsverantwortliche im medizinischen und im nichtmedizinischen Leitungsbereich richten sollten.“
Zitiert aus: Neelmeier T., Schulte-Sasse U. (2012) Hypoxie durch Organisationsverschulden. Forensische Begutachtung von Führungsverhalten in Gesundheitseinrichtungen. Rechtsmedizin 22:406–414
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Siehe hierzu auch:
Patientenschädigung als Folge organisatorischer Defizite
Schulte-Sasse U, Bruns W | ArztR 2018; 53: 61–64
Mit freundlicher Genehmigung der Schriftleitung
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Schicksal ist, wenn man in der falschen Einrichtung versorgt wird
Schulte-Sasse U | In: Kudlich, Hans/Koch, Jennifer (Hrsg.): Ökonomie, medizinische Standards und rechtliche Haftung, Nomos, Baden-Baden 2017, S. 73 ff
Praxisfälle und Verdachtsfallgruppen medizinischer Organisationsdefizite
Sachverhalte, die auf möglicherweise infrastrukturbedingte Sorgfaltspflichtverletzungen hinweisen:
- sehr langen Dienstzeiten
- Behandlungen ohne medizinische Indikationen
Mit freundlicher Genehmigung der Schriftleitung Zum Artikel
mit Genehmigung der Verlagsredaktion Dr. Otto Schmidt KG Köln Zum Artikel
- Delegation ärztlicher Aufgaben auf nichtärztliches Personal
Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsredaktion Dr. Otto Schmidt KG Köln Zum Artikel
Mit freundlicher Genehmigung der Schriftleitung "Anaesth Intensivmed" Zum Artikel
- fehlerhafter Erstversorgung mangels personeller / apparativer Notfallvorsorge
„In der forensischen Praxis ist zu beobachten, dass sich defizitäre Organisationsstrukturen vergleichsweise häufig in anästhesiologischen Komplikationen konkretisieren. Die Anästhesie ist von der Markttransformation des Gesundheitswesens besonders betroffen, weil sie im Kern ein Sicherheitsdienstleister ist, der anderen Fächern die Stellung erlöswirksamer Eingriffsindikationen ermöglicht, selbst jedoch als Kostenfaktor einen beliebten Ansatzpunkt für Sparmaßnahmen darstellt. Mit einem „erlösverhindernden“ Veto bei fehlenden Operationsvoraussetzungen ist ihr die Aufmerksamkeit der Kollegen gewiss. Gleichzeitig ist sie wie kein anderes Fachgebiet auf gute interdisziplinäre Zusammenarbeit angewiesen und damit abhängig von hinreichenden Organisationsstrukturen, deren Abwesenheit für die Patienten bzw. ihre Angehörigen erst im Schadensfall sichtbar wird.“
„Wachsende Aufmerksamkeit von Justiz [16, 81] und Öffentlichkeit [5, 59, 73] beansprucht seit einigen Jahren eine Reihe schwerster Hypoxie-Schadensfälle infolge mangelhafter Patientenüberwachung während oder nach praxisambulanten Operationen, deren Tragik sich auch in dem kindlichen Alter vieler Patienten widerspiegelt. Interessenvertreter der ambulanten Leistungserbringer (BNC und BAO) beklagen eine „üble Verallgemeinerung“ von Einzelfällen [10]. Auf dem Medizinstrafrechtstag des Deutschen Anwaltvereins [50] gab es hingegen Sorge über „eine fatale Tendenz in der Praxis ambulanten Operierens …, die mit einer adäquaten anästhesiologischen Versorgung verbundenen ‚Kostenfaktoren‘ zu reduzieren, auch wenn dies mit erkennbaren Risiken für Leib und Leben der behandelten Patienten verbunden ist“.“
Zitiert aus: Neelmeier T., Schulte-Sasse U. (2012) Hypoxie durch Organisationsverschulden. Forensische Begutachtung von Führungsverhalten in Gesundheitseinrichtungen. Rechtsmedizin 22:406–414
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Literaturfundstellen in Original-Arbeit