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Führung der Sedierung – eine ärztliche Aufgabe

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Sedierung mit Propofol

Die Führung einer Sedierung/Analgosedierung („Dämmerschlaf“) ist Erheben von Befunden durch Beobachtung von Messgrößen (zum Beispiel an Monitoren), Interpretation der Befunde („Diagnose“), gefolgt von therapeutischen Maßnahmen („Therapie“), gefolgt von Überprüfung, ob die ergriffenen Maßnahmen das gewünschte Therapieziel erreicht haben („Erfolgskontrolle“). Die Führung einer Sedierung bei Endoskopien ist somit eine typische, neben der Durchführung der endoskopischen Untersuchung/Operation eigenständige, ärztliche Aufgabe. Die S3-Sedierungsleitlinie hierzu:

1 S3-Leitlinie „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie“ 2008 (AWMF-Register-Nr.021/014) Riphaus et al (2008) Z Gastroenterol 46: 1318
  • „Sowohl der diagnostische oder therapeutische Eingriff als auch die Sedierung sind eigenständige medizinische Verfahren.“

Der die endoskopische Operation durchführende Arzt kann die ärztliche Aufgabe Sedierung nicht in Doppelverantwortung, neben der technisch überaus anspruchsvollen endoskopischen Untersuchung/Operation übernehmen. Die S3-Sedierungsleitlinie hierzu:

2 S3-Leitlinie „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie" 2008 (AWMF-Register-Nr. 021/014) Z Gastroenterol 2008; 46: 1318
  • „Ein Arzt kann nicht in Personalunion zur gleichen Zeit den invasiven Eingriff durchführen und die Sedierung und/oder das Analgesieverfahren überwachen.“

Die bei Analgosedierung verwendeten Sedierungs-, Anaesthesie- und Schmerzmedikamente bergen die Gefahr Schutzreflexe auszuschalten, Vitalfunktionen des Körpers einzuschränken, sogar aufzuheben. Ohne Stützung der Vitalfunktionen, ohne rechtzeitige Gegenmaßnahmen drohen – innerhalb weniger Minuten – Atemstillstand, gefolgt von Kreislaufstillstand. So ist es Aufgabe des die Sedierung führenden Arztes die Vitalfunktionen nicht nur zu beobachten, sondern diese zuverlässig aufrechtzuerhalten.

  • „Unter dem Begriff „Vitalfunktionen“ werden die lebenswichtigen Vorgänge zusammengefasst also in erster Linie die Funktion von Zentralnervensystem, Atmung, Herz- und Kreislauf.
  • Zu den Schutzreflexen zählen insbesondere der Husten- und Schluckreflex, die vor Aspiration (Einlaufen oder Einatmen von Mageninhalt oder von Magen-Rachensekreten in die Lungen) schützen …“
3 Ärztliche Kernkompetenz und Delegation in der Anästhesie Anaesth Intensivmed 2007; 48: 712-714 zum Artikel

Weil die Beobachtung und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen so entscheidend für die Sicherheit der Patienten ist, betont die S3-Sedierungsleitlinie ausdrücklich, dass diese Aufgabe nicht von dem die endoskopische Untersuchung/Operation durchführenden Arzt in Doppelverantwortung miterledigt werden kann – und liefert in diesem Zusammenhang die medizinisch plausible Begründung für das Tätigwerden eines weiteren Arztes: Die S3-Sedierungsleitlinie hierzu:

4 S3-Leitlinie „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie“ 2008 (AWMF-Register-Nr.021/014). Riphaus et al (2008) Z Gastroenterol 46: 1319
  • „Der endoskopierende Arzt ist während der Durchführung der Endoskopie in aller Regel nicht in der Lage, den Vitalfunktionen des Patienten die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken.“

Weil der die endoskopische Operation durchführende Arzt den Vitalfunktionen des Patienten nicht die notwendige Aufmerksamkeit schenken kann, ist es medizinisch plausibel, dass das Sedierungsverfahren von einem weiteren Arzt, nur mit dieser Aufgabe betraut, geführt wird:
Die Auswahl der Sedierungsmedikamente (Einleitungsdosis, Wiederholungsdosis) erfolgt, kann nur erfolgen, in Abhängigkeit der bei Überwachung der Vitalfunktionen erhobenen Befunde. Die Kopplung der Überwachung der Vitalfunktionen an die Führung des Sedierungsverfahrens gilt ebenfalls für die Gabe von die Vitalfunktionen stützenden (Kreislauf-) Medikamenten, für Sedierungswirkung aufhebende Medikamente (Antagonisten) und für Maßnahmen, wie zum Beispiel die Unterstützung einer unzureichenden Spontanatmung: auch diese Maßnahmen werden ergriffen in Abhängigkeit von den bei Überwachung der Vitalfunktionen erhobenen Befunden.

Um Patienten vor den bekannten, typischen Gefahren – hier vor allem die zu Sauerstoffmangelversorgung führende Atem- und Kreislaufdepression – zu schützen, wird das „eigenständige medizinische Verfahren“ Sedierung nicht von dem endoskopisch operierenden Arzt in Doppelverantwortung miterledigt, sondern von einem zweiten, zusätzlichen Arzt wahrgenommen – so wie ein Chirurg, selbst bei einem Kurzeingriff in Anaesthesie, die Narkose nicht in Doppelverantwortung miterledigt; mit Führung der Anaesthesie ist ein zweiter Arzt, der Anaesthesist, betraut.

Herstellerangaben: Propofolsedierung durch 2. Arzt
Diese medizinisch wohl begründete Vorgabe – „in der Regel ärztliche Person“

5 S3-Leitlinie „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie" 2008 (AWMF-Register-Nr. 021/014) Z Gastroenterol 2008; 46: 1318

– entspricht den Vorgaben der Hersteller: Für die Verwendung des intravenösen Anaesthetikum Propofol ist dies ausdrücklich in den Herstellerinformationen festgehalten: in der Produktinformation heißt es:

6 Ehlers APF., Bitter H. (2006) Delegierung der Propofol-Applikation an nicht-ärztliches Assistenzpersonal. Endo heute 19: 139-143
  • „Propofol … darf nur in Krankenhäusern oder in adäquat ausgerüsteten anderen Einrichtungen von anästhesiologisch bzw. intensiv-medizinisch ausgebildeten Ärzten verabreicht werden.
  • Die Sedierung mit Propofol … bei diagnostischen und chirurgischen Maßnahmen und die Durchführung der diagnostischen oder chirurgischen Maßnahmen dürfen nicht von derselben Person erfolgen.” (Anm.: Hervorhebungen nicht im Original)